Fishing

Am nächsten Morgen sitze ich mit Jill, Alfredo und Roberto in unserem grünen Holzboot und wir tuckern einen kleinen Seitenarm dicht unter den überhängenden Zweigen der Urwaldriesen entlang. Heute steht Fischen auf dem Plan und ich bin schon gespannt auf meinen ersten Piranha. Roberto lenkt das Boot durch die Äste hindurch mitten in die verwunschene Wasserwelt des Regenwaldes: über unserem Köpfen hängen lange Luftwurzeln und Lianen in den Fluss und wir gleiten an den großen, flachen Brettwurzeln einiger Bäume vorbei, die wie kleine Schlösser aus dem Wasser ragen.Fischerboot

Nachdem wir unter den dichten Zweigen eines Baumes geankert haben, steigt Jill mit Alfredo in das kleinere Ruderboot, um das Netz auszulegen. In der Zwischenzeit drückt mir Roberto einen Stock mit Schnur und Haken in die Hand und deutet auf die kleine Schüssel mit Fischstückchen als Köder. Kurz nachdem ich die Schnur mit einem kunstvoll auf dem Haken angebrachten Köder ins Wasser gehalten habe, spüre ich schon die erst zaghaften und dann frecher werdenden Versuche, den Fisch vom Haken zu fressen. Roberto erklärt mir, dass ich die Angel ruckartig aus dem Wasser ziehen muss, sobald ich spüre, dass etwas am Haken zieht. Die ersten Versuche gehen für den Fisch aus, der mit meinen Köder von dannen zieht. Aber dann bin ich schneller und ein kleiner platte Fisch mit rotem Bauch baumelt am anderen Ende: ein Piranha!Piranha Ich halte respektvoll Abstand von den spitzen Zähnen, währen Roberto ihn vorsichtig von seinem Haken befreit und in eine Schüssel mit Wasser gleiten lässt. Und schon beim nächsten Versuch hängt ein noch größerer der Raubfische an meiner Angel. Ich bin ganz begeistert – bis Jill zurückkehrt, haben wir schon fünf Fische in der roten Schüssel. Dafür tut sich dann in der restlichen Stunde bis zum Einholen des Netzes nicht mehr viel. Es hat sich wohl herumgesprochen, dass der Fisch an unseren Haken nicht so bekömmlich ist. Und auch die Moskitos dürften uns mittlerweile entdeckt haben: ich bin froh über meine langärmeliges Hemd, so muss ich nur Gesicht und Hände von den lästigen Blutsaugern frei halten.

Nachdem wir auch das Netz eingeholt haben, geht es ans Wiegen und Vermessen unserer „Beute“: jeder Fisch wird auf einer kleinen Waage gewogen und dann abgemessen – anschließend darf er wieder in den Fluss zurück. Heute darf ich mir die Lederhandschuhe überstreifen und die „Behandlung“ der Fische übernehmen: gar nicht so einfach, mit den groben Handschuhen die glitschigen Wasserbewohner aus der Schüssel zu fischen und auf die Waage zu bugsieren. Die Piranhas machen ihren Unmut durch ein Knurren bemerkbar, dessen Vibrationen deutlich durch die dicken Handschuhe zu spüren sind: ein etwas unheimliches Gefühl. Die wunderschönen Knochenfische (Carachama), hingegen, die aussehen wie Überbleibsel aus der Uhrzeit  plustern sich richtig auf. Man könnte meinen, sie setzen sich in Pose für die Fotos, die wir natürlich auch eifrig machen. Roberto zeigt mir, wie ich die gespreizten Flossen wieder „zusammenfalten“ muss, damit ich den Fisch auf das Metermaß legen kann.Carachama

Bei der Bestimmung der Fischarten helfen uns die in Plastikfolie eingeschweißten Bilder mit den hier vorkommenden Arten, aber meistens sind unsere einheimischen Begleiter schneller und rufen uns schon den richtigen Namen zu.

Hier zeigt sich auch eine der Stärken der kombinierten Teams: die Gruppen, die die Zählungen bzw. Beobachtungen durchführen, bestehen immer aus mindestens einem Biologen und einem Bewohner aus dem Gebiet sowie aus den Freiwilligen. Das garantiert Fachwissen und Know-how über den Lebensraum ebenso wie immer gleichbleibende Motivation und Ernsthaftigkeit durch die Freiwilligen. Im Laufe der Jahre dürfte sich herauskristallisiert haben, dass mit dieser Mischung die besten Ergebnisse erzielt werden.

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